Vaclav Fiala 2006 - Toni Scheubeck, Bildhauer und Zeichner

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Vaclav Fiala 2006

Texte

Die siebte Statue in die Barocknische
Toni Scheubeck

Sehr geehrte und liebe Damen und Herren,

in jeder Region, in jedem Bezirk und in jeder Stadt kann man einen Menschen finden, der eine Treibkraft in verschiedenen Kunstbereichen ist. Ein solcher Mensch, oft eher geduldet als willkommen, tut für die Kultur in jener Region oft mehr als staatlich errichtete Organisationen oder deren Angestellte. Ein solcher Mensch ist genau der, an welchen es gut ist sich zu wenden, wenn Sie in das kulturelle Geschehen jenes Ortes eindringen wollen.
Zuletzt stellte ich Ihnen den Bildhauer Lubomír Dostál in den Barocknischen vor, der in der Nähe von Moravský Beroun eine Tätigkeit entfaltet, die den Bezirksrahmen und oft sogar den Rahmen unseres Landes weit übersteigt. Es macht keinen Sinn, sich an die jeweiligen Referate dieser oder jener Stadt zu wenden, an die ermüdeten und entsetzlich langsamen Angestellten, die meistens nur fähig sind, Ihnen ausführlich zu erklären, warum dies oder jenes nicht geht, indem Sie dies oder jenes schon seit langem tun. Es ist gut, diese seltsamen Menschen aufzusuchen. Und glauben Sie, Sie finden sie leicht.
Bildhauer Toni Scheubeck ist so ein wichtiger Mensch für die bayerische Stadt Cham und seine Gegend. Er ist der, der erfindet und organisiert. Er stand einst hinter dem Projekt der Errichtung der heute schon namhaften Chamer Galerie Cordonhaus, die in dem Haus entstand, das heute der Stolz der Stadt ist und das mit Abriss bedroht war.
Toni lebt in naher Nachbarschaft, im nahen Arnschwang. Mit nichts verrät sein Haus in der Straßenbiegung, was sich drin verbirgt, und Toni hat kein Bedürfnis, sich hervorzutun und auf sich aufmerksam zu machen. Wenn Sie aber eintreten, werden Sie bezaubert. Sie betreten einen Miniaturhof, wo seine ersten, ruhigen und meditativen, Statuen platziert sind. Anschließend führt er Sie in eine renovierte Scheune, wo es in einigen Räumen Dutzende, eher Hunderte von Statuen gibt. Toni besteigt mit Ihnen eine hölzerne Treppe bis in die Dachgeschossgalerie, in der die Statuen bei jedem Versuch vorwärts zu kommen überstiegen werden müssen. Reicht auch das noch nicht, geht es weiter ins Wohnhaus, das mit Statuen vom Erd- bis zum Dachgeschoss gefüllt ist. Überall liegen, stehen und lehnen Toni´s Statuen.
Nach dem flüchtigen Besichtigen fängt der Betrachter an, die einzelnen Statuen aufmerksamer zu studieren. Klar! Zwei aus Stein gemeißelte Kegel. Der eine nach oben und der andere nach unten gerichtet. Das geht. Die Kegel durchdringen jedoch eine Steinplatte. Sogar das kann man machen. Vorsicht jedoch! Jene Platte hat eine andere Steinfarbe! Und das alles ist selbstverständlich aus einem einzigen Stein gemeißelt... Das ist ein Moment, wo sich der Verstand widersetzt: Wie so? Wie ist das möglich?
Nichtsdestoweniger gleich ein Stück weiter liegt ein Würfel. Ein Würfelumriss. Ein gewisser Würfelsteinrahmen, ein gewisser Käfig mit einer Kugel drin. Auch das kann man fertigen. Die Kugel ist jedoch ein bisschen größer, damit man sie aus dem Steinwürfel nicht herausnehmen kann. Na gut, werden Sie sich sagen, mit Sondergeschicklichkeit kann man aus Stein auch so etwas meißeln. Nur dass die Kugel aus einem schwarzen Stein ist, während der Würfel aus einem grauen Granit ist.
Dies sind Momente, wo sich etwas im Kopf verklemmt und man erlebt ein Unverständnisgefühl. Toni geht es jedoch nicht darum, den Betrachter mit seinen Bildhauerspielchen in Staunen zu versetzen. Er zeigt ihm, wozu die Natur fähig ist und wie man diese Naturbesonderheiten in der Kunstarbeit nutzen kann. Er wandert durch die Landschaft, klettert auf Felsen, streift durch Steinbrüche und findet Spiele der Natur. Einen dunklen Kern von nicht geschmolzenem Magma in einem hellen Stein, eine weiße Quarzader in einem grauen Granit. Für die Industrie sind diese Steine nutzlos. Sie sind doch fehlerhaft! Der Kunde verlangt, dass jede für die Bank- oder Toilettenverkleidung vorbereitete Steinfliese eine wie die andere ausschaut, dass sie sich dem Kunststoff nähert, dass sie jene „Fehler" nicht hat, die aus der Sicht des Künstlers oder des die Natur mit offenen Sinnen wahrnehmenden Menschen eben jene lebende Schönheit, jene reizvolle Sommersprosse auf dem Gesicht eines lieblichen Mädchens sind.
Toni Scheubeck, Sucher der geheimnisvollen Momente in Steinen, bringt also diese in sein Haus in der Straßenbiegung, damit er von ihnen inspiriert Werke schafft, wo dem Betrachter der Verstand stehen bleibt.
Für die Barocknischen in diesem Treppenhaus suchten wir jedoch eine hölzerne Statue aus. Teilweise wegen den Schwierigkeiten beim Transportieren der steinernen Sachen und teilweise deswegen, dass ich die Installation so einer aufwändig gefertigten Statue ein bisschen riskant fand. Nichtsdestoweniger ist die hölzerne Statue „Drei aus einem Stamm" ein typisches Spielchen des Bildhauers Toni Scheubeck und ein bemerkenswerter Diskussionsbeitrag, was man in der Barocknische ausstellen kann.
Als ich beim letzten Besuch von Toni wegfuhr, bemerkte ich eine alte an der Scheunenwand gelehnte Leiter. Toni registrierte meinen Blick und fragte, ob ich sehen möchte, wozu er sie hat. Überrascht nickte ich zu und noch überraschter starrte ich dann. Es war nicht schwierig Toni zu überreden, dass er das, was er mir vor ein paar Tagen in Arnschwang vorführte, auch Ihnen in Klattau vorführt. Dank einem Freund, der für diese Aktion schnellstens eine ähnliche Leiter anfertigte, zeigt Ihnen Toni also jetzt, als Bonus, eine Statue, die die Leiter heruntersteigt. Seine Statue wird mitten im Barocktreppenhaus schreiten. Genießen Sie es!

Vaclav Fiala

 
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